Ausstellungsansicht SHAPE MEMORY, Foto: Krassimir Kolev
Galerist Bernhard Fleischanderl hat für seine erste Ausstellung in der Galerie ARTOSPHÄRE im Schloss Puchenau zwei Kärntner Künstler eingeladen, die Räumlichkeiten zu bespielen. René Fadinger und Ronny Zechner, zwei Antipoden in ihren künstlerischen Ausdrucksweisen ergänzen sich in dieser Schau, die sie selbst inszeniert haben, geradezu kongenial.
René Fadinger, geboren 1974 in Wien, studierte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, arbeitet als freischaffender Cross-Media-Artist und ist als Dozent für Malerei, Installationen und Crossover-Projekte an der Freien Akademie der Bildenden Künste Kärnten in Klagenfurt tätig. In seiner künstlerischen Auseinandersetzung geht es um die Erschaffung und den Diskurs von Raumsituationen und Begrenzungen. Fadinger konstruiert aus Metall geometrische, in sich geschlossene Formen, die wie dreidimensionale Zeichnungen im Raum wirken. Je nach Standort des Betrachters und in der Bewegung ändert sich die Figuration und wirkt dadurch lebendig. Fadinger bezeichnet diese Wirkungsweise als Fluidum, einen sich ständig ändernden Aggregatzustand, der ein Eigenleben im Sinne eines autarken, architektonischen Wesens führt. Wir Betrachter erkennen dieses Spiel, das um eine Dimension erweitert wird, wenn durch die Lichtsituation sich zusätzlich Schattenbilder der Objekte an Wänden und Boden abzeichnen.
Die Realität ist so real wie unser Verstand sie zulässt; wenn wir erkennen, dass die Realität plastisch ist, können wir diese Formbarkeit als Methode heranziehen, um unser Umfeld ständig neu zu definieren und unsere eigene Wirklichkeit daraus zu destillieren, um diese in unserem Schaffensprozess zu verarbeiten.
Alles was wir in Fadingers Plastiken als greifbare Realität fassen können, wird in seiner Malerei ad absurdum geführt. Mit zurückgenommener Farbigkeit entwickelt er auch hier Raumkonstruktionen und Begrenzungen, die uns Betrachter herausfordern. Titel wie Phasenübergang oder Sublimation kennzeichnen seine Intention, mit den Gesetzen der Perspektive und dem Verhältnis von Gegenstand und Raum zu experimentieren. Das führt zu multistabilen Wahrnehmungen, die in ihrer paradoxen Art erst auf den zweiten Blick das Widersprüchliche offenbaren und genau deshalb den Reiz seiner Bildwelt ausmachen.
PHASENÜBERGANG I-III, von René Fadinger Foto: Krassimir Kolev
Ausstellungsansicht SHAPE MEMORY, INTERSECTION OF SPACES I-IV von René Fadinger, Smoking Robot von Ronny Zechner, Foto: Krassimir Kolev
Ronny Zechner, geboren 1972 in Klagenfurt, studierte und dozierte an der Akademie der bildenden Künste und an der Universität in Wien. Als Konzeptkünstler arbeitet er in Wien und Klagenfurt. Seine Objekte setzt er aus Reststoffen und oft ausrangierten Gebrauchsgegenständen zusammen und kreiert dabei neue Gebilde, die auch als Roboter der Vernunft bezeichnet werden. Zechners Plastiken erinnern im weitesten Sinne an readymades und an Kunstobjekte des Dadaismus. Was auf den ersten Blick nach Chaos und Zufall aussieht und für den totalen dadaistischen Zweifel an allem steht, entpuppt sich freilich als vielschichtiger Kunstgriff mit mehreren Bedeutungsebenen.
Meine Absicht besteht darin, Werke zu schaffen, die ohne Weisheit und moralische Pädagogik funktionieren.
Und schon stellt Zechner sich die Frage, gibt es überhaupt Roboter der Vernunft? Ein Roboter ist in Bewegung, er „arbeitet“. Die Fassung, bzw. Bemalung der zusammengefügten Komponenten nimmt keine Rücksicht auf deren Form. Sie werden besprüht, mit Farbbeutel beworfen und bekommen dadurch eine Dynamik die Bewegung ausdrückt. Die Buntheit, teilweise mit grellen Neonfarben gestaltet, führt zu einer zusätzlichen Übersteigerung. Der Betrachter bekommt genügend Interpretations-Spielraum: Rationalisierung contra Handwerk, Ressourcenverbrauch, Rohstoffknappheit, Ausbeutung… Es ist nicht die Kunst, die uns mit erhobenen Zeigefinger belehrt, sondern eine sehr subtile Art der Gesellschaft einen Spiegel vor Augen zu halten. Zechners Roboter sind keine bedrohlichen Maschinen, sie sind mit einem gewissen Augenzwinkern gemacht und lassen uns manchmal schmunzeln. Diese Kunst tut gut und ist „vernünftig“.
Als Titel für diese Eröffnungsschau wurde ein Begriff aus der Physik gewählt: SHAPE MEMORY. Darunter versteht man die Fähigkeit von Materialien, nach plastischer Deformation wieder in ihre Ausgangsform zurückzukehren. Gegenstände aus solchen Materialien „erinnern“ sich also an ihre Ausgangsformen. Im übertragenen Sinn kann man dieses „Formgedächtnis“ auch auf die Kunstbetrachtung anwenden. Es lädt dazu ein, sich unserer eigenen, immer wiederkehrenden Denkmuster und Vorurteile bewusst zu werden, um sie schließlich zu überwinden. Nur so werden wir triumphieren und können unseren Gedankenhorizont erweitern. Gute Kunst, wie sie René Fadinger und Ronny Zechner in der Galerie ARTOSPHÄRE zeigen, leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.
Andreas Strohhammer
Ausstellungsansicht SHAPE MEMORY: Smoking Robot, make good food robot, breathe the paper and the feathers von Ronald Zechner, Foto: Krassimir Kolev