Begegnungen – die Ausstellung mit Gabi Mitterer und Helmut Swoboda von 06. Mai bis 04. Juni 2022
Für den österreichischen Künstler Helmut Swoboda spielt in seinem Schaffensprozess das Naturerlebnis eine zentrale Rolle. Es geht bei ihm um den Außenraum.
Wie ein Spaziergang (der Titel seiner letzten Ausstellung) ist ein Plädoyer für Langsamkeit, genaues Schauen, ein Sich einlassen und etwas wirken lassen, Perspektivenwechsel und letztlich für pure Malerei. So ist es auf der Homepage des Künstlers zu lesen
Der Künstler gibt uns sozusagen eine Anleitung, mit der Kunst umzugehen und gleichzeitig gibt er uns eine Anleitung, mit dem eigenen Leben umzugehen.
Helmut Swoboda orientiert sich in seiner Kunst an der Natur, umfängt mit seiner Malerei eine Stimmung und verwendet die Natur als Inspiration, um Kunst zu schaffen.
Was macht die Betrachterin, was macht der Betrachter ,wenn er einen Spaziergang durch die Bilder von Helmut beginnt? Es scheint ein vertrauter Raum zu sein ,aber je mehr man sich in ein Bild hinein begibt, umso mehr dringt man auch in eine vielschichtige Ungewissheit oder ein großes Geheimnis ein. Das ist eine Qualität, die nicht viele Künstler schaffen können. Ein gutes Bild ,so referierte einmal Peter Baum, ein gutes Bild ist ein Bild ,in dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Bei Helmut Swoboda ist das der Fall.
Das hängt möglicherweise mit seinem Malprozess zusammen. Den Malprozess stelle ich mir als große Geste und klares Vorgehen vor und doch muss es auch die kleine Geste geben, wenn man merkt, dass viele Details im Bild den Bildern Charakter verleihen. Das klare Vorgehen mag mit der Erfahrung des Künstlers zusammenhängen und gleichzeitig entdeckt man auch den suchenden Strich oder die fragende Linie.
Helmut Swoboda schlingert zwischen Landschaft und monochromer Malerei hin und her. Dabei geht es um einen Malprozess, der eine Realität und Wirklichkeit erzeugt, die uns an der Hand nimmt und bei einem Spaziergang in eine vertraute Welt führt, die doch neu ist. (nach Peter Weiermair)
Die spezifische und unverkennbare Erscheinung von Helmuts Bildern hängt sicher auch mit seinen Malmaterialien zusammen. Selbstgemachte Eitempera und Wachsemulsion auf Leinwand oder Holz.
Neben der Malerei widmet sich Helmut Swoboda auch der Zeichnung und der Fotografie, sowie dem Kuratieren.
Gabi Mitterer wurde 1967 in Wolfsbach geboren und studierte nach einer pädagogischen Ausbildung von 1995-2002 an der Wiener Universität für angewandte Kunst Malerei bei Wolfgang Hutter und Wolfgang Herzig aber auch medienübergreifende Bild- und Raumgestaltung bei Brigitte Kowanz.
Die universitäre Ausbildung in verschiedenen Klassen spiegelt sich auch in ihren Werken wider. Es gibt Malereien, Papierarbeiten, Stickereien, Fotografien und Objekte bzw. Skulpturen, aber auch Kunst am Bau-Arbeiten von ihr.
Auf Fotos dokumentiert sie Kleiderstapel. Es sind ihre eigenen Kleider. Nach Farben sortiert. Im Laufe der Zeit ist es nicht nur ein skulpturaler Zeitschnitt, sondern auch ein malerischer, wenn man auf die Farben schaut. Diese Übung könnte jede und jeder von uns machen. Und wir würden mit Gabi Mitterer feststellen, dass es Veränderungen gibt.
Gabi Mitterer macht nicht nur Fotos von ihren Kleidern, sondern sie untersucht auch das Flusensieb ihrer Waschmaschine. In der Arbeit cc – chromatic circle / colours of dust (2014, 2015, 2016), object schreibt sie selber auf ihrer homepage:
cc ist die Sichtbarmachung des jährlichen, persönlichen Staub-Farbspektrums, das aus dem Flusensieb des eigenen Wäschetrockners von mir generiert, zum Farbkreis arrangiert und mit Firnis fixiert wurde. Es handelt sich dabei um den Abrieb der Kleidungsstücke meiner Familie innerhalb eines Jahres. Staub besteht zu ca.70% aus Fasern, diese wiederum größtenteils aus unserer Kleidung und von uns umgebenden Textilien – sowie aus Haaren, Hautschuppen usw. (aus der Nähe betrachtet stellt man schnell fest, dass auch ein Hund zur Familie gehört). Farblich getrennte Waschladungen geben dem Staub entsprechende Farbtöne, farblich durchmischte Trocknerladungen erzielen meist verschieden graue Resultate und werden daher eher als Staub wahrgenommen.
Die Auseinandersetzung mit alltäglichen Arbeiten avanciert so zu künstlerisch analytischen Prozessen und veranschaulichen Methoden zur Untersuchung von Identität und/oder Farbe.
Aus ihrer Beobachtung des alltäglichen entstehen auch andere Kunstwerke. 2010 entstand eine Foto Arbeit, wo die Künstlerin unter dem Titel „den Scherben aufhaben“ mit einem Kindertopf auf dem Kopf abgelichtet ist. Es ist Hinweis auf künstlerisches Denken, das durch kleine Verschiebungen neue Zusammenhänge und Welten erzeugt, aber auch gesellschaftliche Felder rund um Kind und Frau und Familie thematisiert. Aber es geht bei ihr nicht immer um witzig ironische Statements oder Gesellschaftskritik.
Gabi Mitterer ist auch in der Welt der formalen Analyse daheim. Sie überformt Würfel mit Geometrien, Netzwerken, aber auch Mustern und beobachtet bei diesen Objekten und Bildern das optische Erscheinungsbild. Sie bricht damit nicht nur Wahrnehmungen auf, sondern schenkt den Betrachterinnen und Betrachtern neue Sehräume und Erfahrungsräume. Neben dem Feld der Erforschung grafischer Strukturen gibt es auch das Feld der Erforschung malerischer Verläufe und Strukturen.
Wir sind heute, die wir alle mit dem Handy einen Computer in der Hosentasche oder Handtasche oder Jackentasche tragen, von vielen computergenerierten Bildern umgeben. Gabi Mitterer macht den Umkehrschluss und beobachtet computergenerierte Farbverläufe und malt Farbverläufe auf Holzobjekten oder einer Leinwand. Manchmal setzt sie diese Farbverläufe auch in verschiedenen grafischen Feldern zueinander. Diese Farbverläufe finden sich auch in ihren Arbeiten, die Formen abbilden, die an Steine oder Löcher erinnern. Gabi Mitterer nennt sie hones, eine Kombination aus holes und stones. Die Farben geben sich dabei an den Berührungen Annäherungen und vermitteln Verläufe.
Auch ein Lebensbild. Wir haben feste Steine und offene Löcher in unseren sozialen Netzwerken. Wir haben was zum Festhalten und leere Stellen, die Einblicke geben. Beides brauchen wir, Gabi Mitterer schafft die Verbindung.
Ich wünsche Herrn Mag. (FH) Bernhard Fleischanderl alles Gute für seine neue Galerie und bedanke mich bei Helmut Swoboda für seine malerischen Spaziergänge durch die Landschaften und bei Gabi Mitterer für ihre verschiedenen spannenden Arbeiten, die eine neue Sicht auf den Alltag, unser Leben aber auch auf unsere Begegnungen haben, womit ich beim Thema der Ausstellung bin. Danke.
MMMag. Hubert Nitsch